Lebertransplantation

 

 
 
   
Lebertransplantation am Schweizer Magen-Darm-Zentrum  
   

Die erste Lebertransplantation (= OLT = Orthotope Lebertransplantation) in der Schweiz wurde 1983 im Inselspital Bern durchgeführt. Im Verlauf der 15 Jahre hat sich das Patientenüberleben nach Lebertransplantation durch Standardisierung der Operationstechnik, Fortschritte in der Intensivmedizin und der Anästhesie sowie besserer Immunosuppressiva drastisch verbessert. Noch vor wenigen Jahren hat die Operation 10 bis 15 Stunden in Anspruch genommen, es mußten enorme Mengen Blut- und Blutpräparate verabreicht werden und die Patienten waren nach der Transplantation häufig mehrere Monate hospitalisiert.

Heute läßt sich eine Lebertransplantation durchaus mit jedem anderen grossen Baucheingriff vergleichen. Die Operation dauert zwischen 4 bis maximal 7 Stunden, der Aufenthalt auf der Intensivstation beträgt 1 bis maximal 3 Tage und im Durchschnitt können die Patienten nach 10 bis 14 Tagen nach Hause entlassen werden. Auch die Resultate bezüglich Patientenüberleben und Lebensqualität nach einer OLT sind außerordentlich befriedigend. Das 1-Jahresüberleben, der an unserer Klinik transplantierten Patienten beträgt über 96% (nach 5 Jahren 94%) und übertrifft damit bei weitem den internationalen Durchschnitt. Wenige Wochen nach der OLT sind 95% der Patienten unabhängig von fremder Hilfe durch z.B. Familienangehörige, Haushaltshilfe oder Spitex und können innerhalb weniger Monate ihrem Beruf nachgehen.

 
   
Information über die Funktion der Leber und deren Erkrankungen findet Sie unter dem Titel "Leber". Informationen über die Funktion der Gallenwege und deren Erkrankungen unter dem Titel "Gallenwege/-blase".  
   
Kriterien, Ausschlusskriterien und Risikofaktoren zur Lebertransplantation  
   

Kriterien (Indikationen)
Die Lebertransplantation ist heute die Therapie der Wahl bei verschiedenen Lebererkrankungen im Endstadium sowie bei akutem Leberversagen. Man unterscheidet 6 Hauptindikationen (Gründe) zur Lebertransplantation. Ist eine oder mehrere dieser Symptome vorhanden, qualifiziert der Patient für eine Lebertransplantation:
· Wiederholt auftretende Enzephalopathie (Verlangsamung des Denkens, Konzentrationsschwäche, Verwirrtheit bis hin zu Bewusstseinseintrübung/Koma
· Portale Hypertension mit Oesophagusvarizenblutung und/oder nicht behandelbarem Aszites sowie Episoden von Bauchfellentzündungen
· Stark erhöhtes Bilirubin
· Stark eingeschränkte Syntheseleistung der Leber, die sich vor allem in Synthese, Gerinnungsstörungen und tiefem Albumin (Körpereiweiss) äußert
· Inakzeptable Lebensqualität ( körperliche Schwäche, Müdigkeit, Krankheitsgefühl, unerträglicher Juckreiz usw.)
· Wachstumsstörungen bei Kindern

Ausschlusskrtierien (Kontraindikationen)
Einige Umstände, Erkrankungen schliessen eine Lebertransplantation aus. Wir unterscheiden hier zwischen absoluten und relativen Kontraindikationen:
Absolute Kontraindikationen:
· Fortgeschrittene Herz-Lungenerkrankungen
· Sepsis (durch Bakterien, Viren oder Pilze hervorgerufene Blutvergiftung
· Ausserhalb der Leber lokalisiertes Tumorleiden
· Aktiver Alkohol-Drogen- oder Medikamentenmissbrauch
· Unbehandelbare psychiatrische Krankheiten
· HIV - Positivität
· Deutliche Unzuverlässigkeit des Patienten
Relative Kontraindikationen:
· Alter über 65
· Pfortaderthrombose
· Fehlende Unterstützung durch das soziale Umfeld (Familie, Lebenspartner usw.)

Risikofaktoren
Die folgenden Risikofaktoren werden von Fall zu Fall betrachtet und schliessen eine Lebertransplantation nicht von vorne herein aus:
· Nierenfunktionsstörung
· Voroperationen an der Leberpforte
· Aktive Oesophagusvarizenblutung
· Schwere Mangelernährung, Abmagerung
· Diabetes mellitus
· Kombinierte Organtransplantation z. B. Leber + Niere, Leber + Herz usw.

 
   

Abklärungen, Untersuchungen

Abklärung zur Lebertransplantation
Vor der Aufnahme auf die Warteliste sind einige wichtige Untersuchungen notwendig, um abzuklären ob alle medizinischen Voraussetzungen zur Transplantation erfüllt sind und keine weiteren Erkrankungen vorliegen, die eine Lebertransplantation undurchführbar machen. Diese Untersuchungen nehmen einen Zeitraum von ca. 4 - 5 Tagen in Anspruch. Die Patienten werden zu diesem Zweck in der Klinik für Viszerale und Transplantationschirurgie hospitalisiert und erhalten dort vom Pflegepersonal eine schriftliche Zusammenstellung der geplanten Untersuchungen. Diese Hospitalisation gibt sowohl dem Patienten als auch den Ärzten und Pflegenden die Möglichkeit einander kennenzulernen und ein Vertrauensverhältnis aufzubauen. Dieses gegenseitige Vertrauen ist vor und nach der Transplantation ein wesentlicher Faktor für das Gelingen der Lebertransplantation.

 
   
Folgende Untersuchungen werden durchgeführt:
· Komplette Laboranalyse von Blut, Urin und Stuhl
· Verschiedene Röntgen- und Ultraschalluntersuchungen wie: Ultraschall der Leber (zur Bestimmung der Organgrösse, des Blutflusses und zum Ausschluss von Tumoren), Röntgen der Lunge, der Nasennebenhöhlen und des Gebisses, um mögliche Infektionsherde auszuschließen.
· Belastungs-EKG und Ultraschall des Herzens
· Lungenfunktionstests und Blutgasanalyse
· Magenspiegelung
· Darmspiegelung bei Patienten über 50 Jahren (Tumorrisiko)
· Knochendensitometrie zur Messung der Knochendichte (Osteoporose ja/nein?)
· Elektroenzephalogramm (EEG) Messung der Hirnströme
· Untersuchungen durch
: Augenarzt, Hals-Nasen-Ohren-Arzt, Zahnarzt und Psychiater
· Arztvisiten vom Anästhesisten (Narkosearzt), Nephrologen (Nierenspezialist) und vom Hämatologen (Blutspezialist)
· Ernährungsberatung
· Gespräche mit dem Sozialarbeiter, dem Chirurgen und der Transplantations-Koordinatorin
In besonderen Fällen können weitere Untersuchungen (z. B. Kontrastmittelröntgen der Bauchgefässe usw.) notwendig werden. Die Resultate all dieser Abklärungen werden dem Transplantationsteam (siehe unten) im Rahmen eines Meetings vorgestellt. Hier wird anhand der Befunde gemeinsam beurteilt, ob die Lebertransplantation die geeignete Therapie für den Patienten darstellt oder ob andere Behandlungsmethoden in Frage kommen.
 
   

Das Transplantationsteam

Im weitesten Sinn gehören alle Personen, die an den Abklärungsuntersuchungen beteiligt waren, zum Transplantationsteam, denn eine so komplexe Operation wie die Lebertransplantation kann nur durch gute Zusammenarbeit und gute Kommunikation realisiert werden. Der engere Kreis, der später auch für die Betreuung vor und nach der Transplantation zuständig ist, setzt sich zusammen aus: Hepatologen, Transplantationschirurgen, Pflegefachpersonen der Intensivstation und der Abteilung, den Narkose-und Intensivärzten sowie dem Sozialarbeiter und der Transplantations-Koordinatorin.

Die Zeit auf der Warteliste

Patienten, die für eine Lebertransplantation qualifizieren, werden auf der zentralen, nationalen Warteliste von Swisstransplant registriert. Persönliche Daten, die notwendig sind um ein geeignetes Spenderorgan zu ermitteln sind: Alter, Grösse, Gewicht und die Blutgruppe des möglichen Organempfängers. Die Patienten werden von der Transplantations-Koordinatorin mit einem Funkruf (Pager) ausgestattet, damit sie während der Wartephase jederzeit erreichbar sind, aber ihre Aktivitäten nicht einschränken müssen. Wie lange es dauert bis eine geeignete Spenderleber zur Verfügung steht, läßt sich sehr schwer voraussagen, die Dauer variiert von wenigen Tagen/Wochen bis zu mehreren Monaten. Die ärztliche Betreuung erfolgt in regelmäßigen Abständen durch die Ärzte des hepatologischen Ambulatoriums. Das Warten auf die Transplantation wird häufig als sehr belastend empfunden. Damit unsere Patienten die Wartezeit körperlich und seelisch gut überstehen, geben wir folgende Empfehlungen:
· Strenges Einhalten der ärztlichen Verordnungen (Hepatologe, Hausarzt) bezüglich Medikamenteneinnahme, Einschränkung der Trinkmenge usw.
· Bei Symptomen wie Fieber oder Gewichtszunahme unverzüglich Kontakt mit dem behandelnden Arzt aufnehmen
· Möglichst viel körperliche Bewegung (leichter Sport, Spaziergänge)
· Ratschläge der Ernährungsberatung einhalten
· Soweit möglich weiter dem Beruf und/oder den Freizeitbeschäftigungen nachgehen
Je besser der körperliche und seelische Zustand vor der Transplantation ist, desto schneller schreitet die Genesung nachher voran.

Der "Rang" auf der Warteliste

Viele Patienten fragen oft ängstlich an welcher Stelle sie auf der Warteliste stehen. Ein solcher Rang existiert nicht, es ist unerheblich ob ein Patient als erster oder als zwanzigster auf der Liste eingeschrieben wird, ausschlaggebend sind einzig die medizinischen Kriterien. Steht ein Spenderorgan zur Verfügung, so werden zunächst die Blutgruppe und die Grösse von Spender und Empfänger verglichen. Hat es mehrere geeignete Empfänger auf der Warteliste, entscheidet der Krankheitszustand der Patienten wer das Organ erhält. Einen besonderen Rang oder Status haben die Patienten mit akutem Leberversagen. Da es sich hierbei um einen akut lebensbedrohlichen Zustand handelt, benötigen diese Patienten eine Notfall-Lebertransplantation innerhalb von 24 bis 72 Stunden, hierfür gilt der sogenannte "super-urgent"-Status. Das heisst, jede in der Schweiz verfügbare Leber wird zuerst dem Zentrum mit dem Notfallpatienten gemeldet, diese Patienten haben oberste Priorität. Die Nationale Koordination von Swisstransplant meldet den Notfallempfänger ebenfalls im benachbarten Ausland.

 
   
 
   

Der Ruf ins Spital

Ist ein geeignetes Organ gefunden worden, werden die Patienten telefonisch oder via Pager von der Transplantations-Koordinatorin benachrichtigt. Sie teilt ihnen mit, innerhalb welchen Zeitraums sie sich im Inselspital einfinden sollen, und wo sie die Eintrittsformalitäten erledigen können. Es bleibt ihnen jedoch genügend Zeit sich in Ruhe vorzubereiten und den Transport ins Spital zu organisieren. Die Patienten werden angehalten, nach dem Telefonat nichts mehr zu essen und zu trinken.

Operationsvorbereitungen

Die Patienten werden von der Transplantations-Koordinatorin in Empfang genommen und auf die Abteilung begleitet. Dort ist von der zuständigen Pflegeperson alles für die erforderlichen präoperativen Untersuchungen (Blutentnahme, Lungenröntgen, EKG und evtl. Ultraschall der Leber) vorbereitet worden. Der Abteilungsarzt untersucht die Patienten, erklärt ihnen nochmals den Ablauf der Transplantation sowie deren Risiken und holt ihr schriftliches Einverständnis zur Operation ein. Gewißheit, ob die Transplantation nun durchgeführt werden kann oder nicht, herrscht erst, wenn die Leber des Organspenders vom Chirurgen beurteilt worden ist. Da die Organentnahme beim Spender und die Vorbereitungen zur Transplantation teilweise parallel ablaufen, können einige Stunden vergehen ehe eine definitive Entscheidung gefällt werden kann. Es kann gelegentlich vorkommen, dass sich während der Entnahmeoperation zeigt, dass die Spenderleber nicht den medizinischen Anforderungen entspricht und die Lebertransplantation leider kurzfristig abgesagt werden muss. Unsere Patienten sind eingehend über diese Eventualität informiert worden. Dennoch ist die Enttäuschung nach all den Hoffnungen und Aufregungen verständlich, wir hoffen jedoch auf das Vertrauen unserer Patienten in unsere Entscheidung, denn ein gutes Operationsergebnis setzt voraus, dass ihnen ein optimales Organ mit guter Funktion verpflanzt wird.

Die Lebertransplantation

Die Transplantation wird unter Vollnarkose durchgeführt und dauert ca. 4 bis 6 Stunden. Zunächst wird die kranke Leber entfernt. Um die Einpflanzung der neuen Leber zu vereinfachen und um große Blutverluste zu vermeiden, wird das venöse Blut der unteren Körperhälfte, das normalerweise zur Leber und anschließend zum Herzen fließt, oft vom Operationsgebiet mittels einer Pumpe in einen Kreislauf außerhalb des Körpers umgeleitet.

Die Spenderleber wird anschließend durch vier Gefässnähte mit dem Kreislauf des Empfängers verbunden. Der Gallengang der Spenderleber wird an den des Empfängers angeschlossen. Zur Schienung der Naht wird ein sogenanntes T-Drain eingelegt, das die Galle nach aussen in einen Beutel ableitet. Dies hat den Vorteil, dass wir die Gallenflüssigkeit nach Farbe und Beschaffenheit beurteilen können und dadurch Rückschlüsse auf die Funktion der Transplantatleber ziehen können. Bei Patienten mit primär sklerosierender Cholangitis wird der Gallengang der neuen Leber direkt an den Dünndarm angeschlossen (Y-Roux). Nach Einlage von Drainagen, die das Wundsekret nach aussen ableiten sollen, wird das Operationsgebiet verschlossen.

Nach der Transplantation

Die Intensivstation
Nach der Operation erwachen die Patienten auf der Intensivstation. Für etwa 1 bis 3 Tage werden hier die Herz-Kreislauf und Lungenfunktion sowie die Flüssigkeitsbilanz überwacht und stabilisiert. Da die eigene Atmung unmittelbar nach der Operation noch unzureichend ist (Narkosemedikamente) wird sie für ein paar Stunden durch ein Beatmungsgerät unterstützt. Außer den Wunddrainagen und dem Beatmungsschlauch finden die Patienten nach dem Erwachen noch je einen Katheter zur Blutdrucküberwachung, zur Urinableitung und einen Katheter zur Messung der Herzdrücke sowie zur Flüssigkeits-Medikamentenverabreichung sowie eine Magensonde vor. Diese Schläuche werden so schnell es der Verlauf zuläßt wieder entfernt, um das Infektionsrisiko so gering wie möglich zu halten. Zwar fühlen sich die Patienten in den ersten Stunden nach der Operation noch müde und kraftlos, jedoch wird noch am Operationstag mit der Atemtherapie und der Mobilisation begonnen.

Medizinische und pflegerische Betreuung auf der Transplantationsabteilung
Nach durchschnittlich 1 bis 3 Tagen erfolgt die Verlegung von der Intensivstation auf die Transplantationsabteilung. Wie schnell die Entlassung geplant werden kann hängt jetzt zum grossen Teil von den Patienten selbst ab. Das Pflegepersonal unterstützt sie jedoch dabei, ihre Selbständigkeit und Unabhängigkeit so schnell wie möglich wieder zu erlangen. Die Patienten lernen sehr bald ihre Medikamente selbständig nach Plan einzunehmen. Die Visiten des Transplantationsteams finden 2 mal am Tag, jeweils um 8.00 und um 17.00 Uhr statt. Hierbei werden die Patienten untersucht und die weitere Therapie festgelegt.

Labortests und Untersuchungen
Es finden täglich Blutentnahmen statt, um die Funktion der Leber und Nieren zu kontrollieren, sowie zur Bestimmung der Medikamentenspiegel. Des weiteren finden in der ersten postoperativen Woche zwei wichtige Routineuntersuchungen statt.
1. T-Drain-Cholangiographie
Diese Untersuchung wird am 5. Tag nach der Operation durchgeführt. Es handelt sich hierbei um eine schmerzlose Röntgendarstellung der Gallengänge mittels Kontrastmittel. Damit kann überprüft werden, ob die Galle ungehindert abfließen kann oder ob Verengungen der Gallengänge vorliegen. Im Anschluss an die Untersuchung wird das Drain abgestöpselt, die Galle wird nicht mehr in einen Beutel abgeleitet, sondern kann nun auf "natürlichem" Weg in den Dünndarm abfließen. Das Galledrain wird für 3 Monate belassen. Für die Entfernung werden die Patienten nach diesem Zeitraum nochmals für einen Tag hospitalisiert.
2. Leberbiopsie
Am 7. postoperativen Tag wird eine ultraschallgesteuerte Leberbiopsie durchgeführt. Außer einem kleinen Stich für die lokale Betäubung spüren die Patienten kaum etwas. Das gewonnene Lebergewebe wird anschließend in der Mikrobiologie auf bakterielle und virale Erreger getestet und in der Pathologie auf eine Abstossungsreaktion hin untersucht.

Vorbereitung auf die Spitalentlassung
Normalerweise kann nach 8 bis 10 Tagen die Entlassung definitiv geplant werden, das heisst, das die Patienten im Durchschnitt nach 12 bis 14 Tagen das Spital verlassen können. Voraussetzung ist natürlich, dass im Verlauf keine Komplikationen wie z. B. eine Infektion oder Abstossungsreaktion aufgetreten sind. Vor der Entlassung lernen die Patienten die Medikamenteneinnahme, die Spülung und Verbandwechsel des T-Drains sowie einige Verhaltensregeln für das tägliche Leben. Sie werden von unserem Pflegepersonal sorgfältig auf diesen Tag vorbereitet. Auch unser Sozialarbeiter steht zur Verfügung, wenn für die erste Zeit daheim Unterstützung benötigt wird. Eine Heilkur ist im Anschluss an den Spitalaufenthalt nicht erforderlich, es ist für die Genesung sogar wesentlich besser, wenn die Patienten so rasch wie möglich ihr gewohntes Leben im Kreis der Familie wieder aufnehmen. Vor der Entlassung wird ein Termin für die erste Kontrolle im hepatologischen Ambulatorium organisiert. Die Patienten erhalten ein Rezept für ihre Medikamente und falls ihre Entlassung auf ein Wochenende fällt auch ausreichend Verbandmaterial und Medikamente für die ersten Tage. Außerdem wird ihnen eine Telefonliste für mögliche "Notfälle" (Fieber, Erbrechen usw.) mitgegeben.

Zurück zum normalen Leben

Das normale Leben wieder aufnehmen
Wir empfehlen unseren Patienten möglichst bald nach der Entlassung ihr gewohntes Leben wieder aufzunehmen. Jeder Patient kann für sich ermessen, was er zu leisten imstand ist. Leichte Hausarbeit, Spaziergänge oder sonstige körperliche Betätigung gepaart mit gesunder Ernährung fördert den Muskelaufbau und trägt dazu bei, dass die Patienten bald leistungsfähig sind und wieder normal ihrer Beschäftigung nachgehen können. Einige wenige Regeln gilt es nach der Transplantation dennoch einzuhalten:
· Bei Fieber über 38.5 °C unverzüglich Kontakt mit dem Transplantationszentrum aufnehmen (tagsüber: Dienstarzt hepatologisches Ambulatorium; nachts: Dienstarzt der Transplantationschirurgie). Fieber kann ein Zeichen für eine Abstossungsreaktion oder eine Infektion sein, daher muss jeder Temperaturanstieg sofort medizinisch abgeklärt werden und mit der geeigneten Behandlung begonnen werden.
· Da die Medikamente anfangs noch hoch dosiert sind, sollten in den ersten Monaten größere Menschenansammlungen und Personen mit viralen Infektionen (Grippe, Kinderkrankheiten) gemieden werden.
· Ausgedehnte Sonnenbäder vermeiden (Erhöhtes Risiko von Hautkrebs in Zusammenhang mit der Einnahme von Immunosuppressiva)
· Empfehlungen des Pflegepersonals bezüglich Körperpflege und Mundhygiene befolgen
· Das neue Leben geniessen.

Berufstätigkeit
Der Zeitraum, in welchem die Patienten ihren Beruf wieder aufnehmen können, ist sehr abhängig von der Art der Arbeit, ob eine sitzende Tätigkeit ausgeübt wird oder ob schwere körperliche Arbeiten verrichtet werden müssen. Nach spätestens 6 Monaten sind die Patienten im Allgemeinen jedoch in der Lage, ihren Beruf wieder auszuüben. Generell ist es unser Ziel, den Patienten mit der Lebertransplantation die Möglichkeit zu geben, wieder ein normales, produktives Leben zu führen. Grundsätzlich sollen die Patienten für vier bis sechs Monate keine schweren Lasten heben, da wegen der verzögerten Wundheilung die Gefahr der Narbenhernien besteht (vor allem bei Männern eine häufig beobachtete Komplikation nach Lebertransplantation).

Sexualität
Wie schnell die Patienten nach der Transplantation ihre sexuellen Aktivitäten wieder aufnehmen, hängt weitgehend vom Verlauf der Genesung ab und wird von den Patienten selbst bestimmt. Medizinisch gibt es keine Anhaltspunkte die gegen ein aktives Sexualleben sprechen. Durch die Lebererkrankung können einige Männer impotent werden, körperliche Schwäche und Müdigkeit verursacht durch das Leberleiden tragen weiter zum Problem bei. Nach der Transplantation kehrt die Potenz normalerweise wieder zurück. Einige Medikamente wie Hochdruckmittel, hohe Steroiddosen können jedoch die Periode der Impotenz nach der Lebertransplantation verlängern. Frauen, deren Menstruation durch die Lebererkrankung ausgesetzt hat, werden nach Normalisierung der Organfunktion und des Hormonhaushalts innerhalb weniger Monate nach der Transplantation wieder eine Monatsblutung bekommen. Obwohl der Zyklus unregelmäßig sein kann, ist der Eisprung und somit eine Befruchtung möglich. Sexuell aktive Patientinnen in gebärfähigem Alter, die keinen Kinderwunsch haben, sollten daher unbedingt verhüten. Die Methode der Schwangerschaftsverhütung sollte stets mit dem Arzt besprochen werden. Die "Pille" zeigt sehr häufig Wechselwirkungen mit den immunosuppressiven Medikamenten und ist besonders wegen ihrer Wirkung auf die Leber nicht zur Verhütung geeignet. Intrauterinpessare (Spirale) eignen sich wegen erhöhtem Infektionsrisiko nicht. Empfehlenswert wäre eine Kombination aus Präservativen, Diaphragma und spermiziden Cremes. Falls kein Kinderwunsch mehr besteht, ist eine operative Sterilisation (Unterbrechung der Eileiter/ Samenleiter) die sicherste Methode. Für Patienten, die sexuell aktiv sind, aber keinen festen Partner haben, ist es lebenswichtig, Kondome zum Schutz vor sexuell übertragbaren Krankheiten (AIDS, Syphillis, Gonorrhoe, Hepatitis oder Herpes) zu benutzen.

Schwangerschaft
Frauen wird angeraten, für mindestens zwei Jahre nach der Transplantation eine Schwangerschaft zu vermeiden, denn nach dieser Zeit sind die immunosuppressiven Medikamente meist nur noch gering dosiert. Eine Schwangerschaft sollte stets geplant sein und die möglichen Risiken sollten vorher unbedingt mit dem behandelnden Hepatologen diskutiert werden. Trotz des erhöhten Risikos für Mutter und Kind ist es möglich, nach einer Lebertransplantation ein gesundes Kind auszutragen. Die zu Anfang hohe Dosierung der immunosuppressiven Medikamente kann die Erbmasse in den Spermien oder die Spermien selbst schädigen. Daher sollten auch transplantierte Männer mit der Zeugung von Kindern warten bis die Dosis der Medikamente deutlich reduziert ist. Gegenüber der Normalbevölkerung ist die Missbildungrate der von Transplantierten gezeugten Kinder jedoch kaum höher.

Kontrollen im hepatologischen Ambulatorium (Klinische Pharmakologie)
Die Nachkontrollen finden zu Anfang ein bis zweimal pro Woche im Ambulatorium der Klinischen Pharmakologie statt. Bei den Kontrollen werden die Vitalzeichen (Blutdruck, Puls, Temperatur usw.), das Wundgebiet, die Medikamentenspiegel (Neoral oder Prograf) sowie die Blutwerte überprüft. Die Patienten kommen nüchtern zur Kontrolle und bringen ihre morgendliche Medikamentendosis mit. Nach der Blutentnahme erhalten sie einen kleinen Imbiß und können dann ihre Tabletten einnehmen. Falls die Dosierung der Immunosuppressiva nach dem aktuellen Blutspiegel verändert werden muss, wird dies den Patienten am Nachmittag des selben Tages telefonisch durch den behandelnden Arzt mitgeteilt. Sobald sich das Befinden der Patienten stabilisiert hat, werden die Kontrollen nach einigen Wochen vermehrt durch den Hausarzt übernommen.

Komplikationen mit Medikamenten

Allgemeine Richtlinien
Der Patient ist für die korrekte Einnahme der verordneten Medikamente selbst verantwortlich und wird bei den Entlassungsvorbereitungen vom Pflegepersonal genau instruiert über: · Name und Wirkung der Medikamente · Wann · Wie · und wie lange die Medikation eingenommen werden muss · Hauptnebenwirkungen · Was zu tun ist wenn die Einnahme vergessen wurde

Immunosuppressiva
Diese Medikamente unterdrücken eine Abstossungsreaktion und sind sozusagen die "Lebensversicherung" des Transplantierten. In den ersten Monaten nach der Transplantation erhalten die Patienten eine Kombination von drei immuno-suppressiven Präparaten. Je nach Verlauf wird nach einiger Zeit die Dosis verringert resp. können ein bis zwei der Medikamente abgesetzt werden.
Cyclosporin-A (Handelsnamen: Neoral, Sandimmune)
Cyclosporin-A ist eines der wichtigsten Immunosuppressiva, das die körpereigene Immunabwehr hemmt. Dadurch wird verhindert, dass die transplantierte Leber vom Organismus als Fremdkörper erkannt wird und die Immunabwehr aktiviert wird. Es wirkt spezifisch auf die T-Zellen des Immunsystems.
Hauptnebenwirkungen:
· Erhöhtes Infektionsrisiko
· Erhöhtes Risiko für Bluthochdruck und Nierenschwäche
· Zahnfleischschwellungen
· Vermehrter Haarwuchs am ganzen Körper
· Starkes Zittern der Hände kann Zeichen für einen zu hohen Cyclosporinspiegel im Blut sein

Azathioprin (Handelsname: Imurek)
Imurek ist ebenfalls ein Mittel zur Unterdrückung der Immunabwehr, das die Bildung von Nukleinsäure (Hauptbestandteil der DNS) hemmt. DNS wird hauptsächlich in Zellen gebildet, die sich schnell teilen. Da das Immunsystem ebenfalls aus sich schnell teilenden Zellen besteht, wird mit der Einnahme von Imurek eine Verhinderung der Zellvermehrung bewirkt. Durch die Wirkung auf das Knochenmark kann die Anzahl der weißen Blutzellen und der Blutplättchen durch Imurek drastisch gesenkt werden.
Hauptnebenwirkungen
· Erhöhte Infektionsgefahr durch Verminderung der weißen Blutzellen
· Übelkeit, Erbrechen
· Blutungsneigung durch Verminderung der Blutplättchen

Corticosteroid (Handelsname Prednison, Prednisolon)
Hierbei handelt es sich um ein Hormon, das in kleinen Mengen selbst vom Körper in der Nebenniere gebildet wird. Es hat einen wichtigen Einfluss auf die Entzündungs-und Immunprozesse im Organismus.
Nebenwirkungen:
· Salz- und Wasser werden im Körper zurückbehalten, als Folge können Ödeme an Beinen und Fussrücken auftreten.
· Magengeschwüre (zur Vorbeugung werden Medikamente verordnet, welche die Magensäureproduktion verringern)
· Erhöhung des Blutzuckers (in einigen Fällen kann die Einhaltung einer Diät oder die vorübergehende Verabreichung von Insulin notwendig werden)
· Aufschwellen des Gesichts (Mondgesicht). Dieses Symptom verschwindet mit Verringerung der Dosis
· Muskelschwäche
· Nachtschweiss, Alpträume
· Verlangsamte Wundheilung
· Akne
· Steigerung des Appetits

Tacrolimus oder FK-506 (Handelsname Prograf)
Prograf ist in Wirkung und Nebenwirkungen dem Cyclosporin sehr ähnlich. Die Patienten bekommen entweder Cyclosporin oder Prograf verordnet. Einige wesentliche Unterschiede zu Prograf sind:
· Auftreten von Bluthochdruck ist geringer
· Auftreten erhöhter Blutzuckerwerte ist häufiger
· Neurologische Störungen wie Zittern, Kopfschmerzen, Alpträume können vermehrt auftreten

Abstossungsreaktion

Zirka 50% der transplantierten Patienten machen in der frühen postoperativen Phase eine Abstossungsreaktion durch. Die Abstossung ist eine Reaktion des Immunsystems. Das Immunsystem erkennt die Transplantatleber als etwas "Fremdes" und mobilisiert nun bestimmte Zellen, die das neue Organ attackieren. Während des Spitalaufenthalts wird, durch die tägliche Untersuchung der Leberwerte, eine Abstossung sehr rasch erkannt. Häufig geht diese auch mit etwas erhöhter Temperatur einher. Die Abstossung ist sehr gut medikamentös zu behandeln. Die Patienten erhalten über 3 bis 5 Tage hoch dosierte Kortisonstösse. Vor allem in den ersten 12 Monaten nach der Transplantation kann es immer wieder zu Abstossungsreaktionen kommen. Da eine Abstossung unverzüglich behandelt werden muss, werden die Patienten angehalten, sich zu Hause bezüglich Körpertemperatur streng zu beobachten und einen Anstieg über 38.5 °C unverzüglich dem Transplantationszentrum mitzuteilen. Meist ist eine Hospitalisation notwendig, um die notwendige Diagnostik durchzuführen und um die Abstossung zu behandeln, oft reicht aber auch eine Erhöhung der Steroiddosis, um die Immunreaktion in den Griff zu bekommen.

Infektionen

Infektion
Da die natürliche Infektabwehr durch die Immunosuppressiva herabgesetzt wird, ist die Gefahr einer Infektion sehr hoch. Nach Typus der Erreger unterscheidet man virale, bakterielle und fungale (Pilze) Infektionen, wobei die Pilzinfektion die gefürchtetste ist, da sie sehr schwierig zu behandeln ist. Häufige virale Infektionen nach Transplantation sind:

Cytomegalovirus-Infektion (CMV)
Das Cytomegalovirus ist ein Herpesvirus. Etwa 50% der Bevölkerung sind Träger des Virus, es wird aber erst aktiv, wenn die Immunabwehr geschwächt ist, wie z. B. bei Transplantierten, alten Menschen und kleinen Kindern. Das Infektionsrisiko ist in den ersten Monaten nach der Transplantation am höchsten. Symptome sind: Fieber, Müdigkeit, Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen, Sehstörungen und Lungenentzündung. Therapie: GancyclovirÒ (Tabletten oder Infusion)

Herpes-Simplex-Infektion
Typ I und II. Herpes simplex Typ I befällt sehr häufig die Gesichtshaut (Fieberbläschen), kann aber auch Augen und Lungen infizieren. Typ II verursacht meist Infektionen an den Genitalien (sexuelle Übertragung!). Die meisten Infektionen mit Herpes simplex verlaufen sehr mild. Hauptsymptome sind: Schmerzhafte, mit Flüssigkeit gefüllte Bläschen an Mund oder Genitalien. Therapie: ZoviraxÒ (Creme, Tabletten oder Infusion)

Herpes zoster (Gürtelrose)
Die Gürtelrose erscheint als Hautrötung oder als mit Flüssigkeit gefüllten Pusteln, hauptsächlich an der Brust, am Rücken oder an der Hüfte. Symptome: Starke Schmerzen, Hautrötung, Fieber Therapie: Symptomatisch

Pilzinfektionen
Candidasis
Candida albicans, ein Hefepilz, kann bei Transplantierten eine Reihe entzündlicher Erkrankungen hervorrufen. Am häufigsten tritt er in der Mundhöhle und im Hals auf, er kann aber auch Entzündungen von Wunde, Augen, Atemwege oder Urogenitaltrakt verursachen. Sehr gefährlich ist es, wenn der Pilz im Blut (Candida-Sepsis) nachgewiesen werden kann. Symptome: Weisse, rauhe Beläge auf der Mundschleimhaut und/oder der Zunge, Schluckbeschwerden. Schmerzen beim Wasser lassen oder gelblich-weisser Ausfluß wenn der Urogenitalbereich befallen ist. Therapie: Vorbeugung (Teil der Medikation nach Transplantation), lokale oder systemisch wirkende Antipilzmedikamente (Cremes, Tabletten, Infusion)

Pseudocystis carinii
Pseudocystis carinii ist ein pilzähnlicher Keim, der schwere Lungenentzündungen verursachen kann. Symptome: Trockener Husten und Fieber. Therapie: Vorbeugung (Teil der Medikation nach Transplantation)

Bakterielle Infektionen
Bei den bakteriellen Entzündungen stehen die Wundinfektionen (Operationsnarbe) im Vordergrund. Symptome: Rötung, Schwellung, Schmerz evtl. eitrige Sekretion aus dem Wundgebiet. Therapie: Antibiotika nach Bestimmung der Keime durch einen Wundabstrich

Chirurgische Komplikationen

Galleleck
Man spricht von einem Galleleck, wenn sich die Galleflüssigkeit außerhalb der Gallengänge ansammelt. Dies äußert sich durch Schmerzen in der Lebergegend, Übelkeit, Erbrechen und Fieber.

Gallengangsstenose
Verengung des Gallengangs in der Nähe der Anastomose (Anschlussstelle), dadurch kann der Abfluß der Galle behindert werden. Kann häufig mit endoskopischer Dehnung oder Einlage eines kleinen Röhrchens behandelt werden. Symptome sind : Anstieg der Leberenzyme und des Bilirubins sowie Gelbfärbung der Haut.