Die Gallenblase, birnenförmig, ist etwa 8 cm lang und 3 cm breit und liegt grösstenteils unter dem rechten Leberlappen. Sie ist ein Reservoir für die täglich in der Leber gebildete Gallenflüssigkeit.
Welche Funktion haben die Gallenwege und die Gallenblase? Die Galle wird in der Leber gebildet und dient der Verdauung von fetthaltigen Nahrungsbestandteilen. Der Mensch produziert täglich 250 bis1000 Milliliter Galle. Die wichstigten Bestandteile der Galle sind: Wasser, Gallensalze, Cholesterin , Phospholipide. Während der Nüchternphase wird die Galle in der Gallenblase gespeichert. Bei der Nahrungsaufnahme zieht sich die Gallenblase 1 bis 2 mal zusammen. Die Gallenflüssigkeit gelangt somit über den Hauptgallengang in den Zwölffingerdarm. Die Gallensäuren werden später im Dünndarm zu 80 bis 90% rückresorbiert und gelangen über den Blutkreislauf (Pfortadersystem) wieder in die Leber. Dort stehen sie einer erneuten Ausscheidung in die Galle zur Verfügung (enterohepatischen Kreislauf). Die Gallensäuren besitzen eine Reihe wichtiger Stoffwechselfunktionen: a) Fettverdauung, b) Transport von wasserunlöslichen Substanzen (z.B.: Cholesterin, fettlösliche Vitamine A, D, E, K), c) Regulation des Cholesterinstoffwechsel, d) Stimulation der Darmbewegungen, e) Aktivierung der Bauchspeicheldrüsenflüssigkeit (Lipase ) im Darm und f) Steigerung der Natrium- und Wassersekretion aus dem Dickdarm. Die Gallenfüssigkeit dient zudem dem Transport einer Vielzahl körpereigener und körperfremder Substanzen. So werden die Gallenfarbstoffe wie z.B. Bilirubin, die Abbauprodukte der roten Blutkörperchen, mit der Gallenflüssigkeit ausgeschieden. Mit der Galle werden auch viele Medikamente aus dem Organismus entfernt.
Untersuchungsmethoden
Ultraschall / Sonographie
Sie ist die wichtigste Untersuchungsmethode in der Diagnosestellung von Gallensteinleiden und von entzündlichen Erkrankungen der Gallenblase. Sie ermöglicht die Beurteilung der Gallenblase und der Gallenwege. Es bestehen keine Nebenwirkungen und die Untersuchung kann beliebig oft wiederholt werden. Die Untersuchung muss nüchtern durchgeführt werden.
Konventionelle Röntgenbilder
Die Röntgenuntersuchung gehört zur Routineuntersuchung bei akuten Bauchschmerzen. Kalkhaltige Gallensteine können auf konventionellen Röntgenbildern erkannt werden. Die Untersuchung erlaubt zudem den Nachweis von freier Luft im Unterleib oder von Luft in den Gallengängen.
Computertomographie (CT)
Die CT-Untersuchung wird in der Regel erst nach erfolgter Ultraschalluntersuchung durchgeführt. Sie dient zur weiteren Abklärung des Leidens. Insbesondere bei Tumorleiden ist diese Methode sehr hilfreich.
Endoskopische retrograde Cholangiopankreatikographie (ERCP) Gallenwegsdarstellung:
Die ERCP dient der Diagnosestellung von Gallenwegserkrankungen. Sie erlaubt die direkte Darstellung der Gallenwege mit Röntgenkontrastmitteln sowie des Bauchspeichendrüsenganges und ermöglicht darüber hinaus die Durchführung von therapeutischen Eingriffen (z.B. Entfernung von eingeklemmten Gallensteinen).
Wann ist eine ERCP erforderlich? Bei Verdacht auf Gallengangsteine, angeborene und erworbene Gallengangsveränderungen, und zum Nachweis oder Ausschluss einer bösartigen Geschwulst der Gallenwege oder der Bauchspeicheldrüse.
Wann ist mit einem erhöhten Risiko bei der ERCP zu rechnen? Bei schweren Herz-, Lungen- und Nierenkrankheiten, bei erhöhter Blutungsneigung oder bei medikamentöser Blutverdünnung und bei gewissen Voroperationen an Gallengängen und am Pankreas.
Ist die ERCP gefährlich? Schwere Komplikationen sind selten (1,0%). Gelegentlich kann es zu einer iatrogenen (d.h. durch den Arzt verursachten) Bauchspeicheldrüsenentzündung kommen. Bei therapeutischen Eingriffen mit Aufschneiden der Vater'schen Papille kommt es selten zu einer Verletzung der Darmwand oder einer Blutung.
Wie wird die ERCP durchgeführt? Nach Rachenbetäubung und Gabe eines Schmerzmittels sowie eines leichten Beruhigungsmittels erfolgt die Einführung des flexiblen Endoskops durch die Speiseröhre in den Magen und zum Zwölffingerdarm bis zu der Mündung des Gallengangs (Papilla vateri). Ein sehr dünner Schlauch (Katheter) wird via Instrumentierkanal des Endoskops durch die Papilla vateri in den Gallengang bzw. Pankreasgang eingeführt. Die Gallen- bzw. Pankreasgänge werden nun mit Kontrastmitteln gefüllt und radiologisch dargestellt. Mit diversen Spezialinstrumenten ist eine Vielzahl von therapeutischen Eingriffen möglich: z.B. Entfernung von Gallengangssteinen, mechanische Zertrümmerung von Gallengriess bzw. Gallensteinen mit Hilfe eines speziell verstärkten Körbchens oder mittels gepulstem Farbstoff-Laser, Erweiterung der Mündungsstelle des Hauptgallenganges in den Dünndarm (Papillotomie ) und die Einlage von Endoprothesen (Stents) durch Engnisse der Gallengänge .
Perkutane transhepatische Cholangiographie (PTC)
Lässt sich eine ERCP nicht durchführen, so ist es möglich mit einer feinen Nadel über die Haut (perkutan) eine Darstellung der Gallenwege zu erreichen. Bei gestauten Gallenwegen ist es auch möglich die Galle über einen feinen Schlauch nach aussen abfliessen zu lassen (Drainage).
Magnetresonanz-Cholangio-Pankreaticographie (MRCP)
Die MRCP ist eine neue Methode, welche die gleichzeitige Darstellung der Gallenwege und des Bauchspeicheldrüsengangs ermöglicht. Des weiteren können auch die Organe selbst (z.B. Leber, Bauchspeicheldrüse, Gallenblase) in der gleichen Untersuchung mit hoher Genauigkeit dargestellt werden. Die MRCP erfolgt ohne Röntgenstrahlen und somit ohne Patientenbelastung. Die MRCP ist zur Zeit noch relativ teuer. Im Gegensatz zur ERCP sind therapeutische Massnahmen noch nicht möglich.
Endosonographie der Gallenwege und des Pankreas
Ist eine Ultraschalluntersuchung der Gallenwege und der Bauchspeicheldrüse, bei der mit Hilfe eines speziellen Endoskops mit an der Spitze eingebautem Ultraschallkopf die Gallenwege und das Pankreas vom Magen und Zwölffingerdarm aus dargestellt werden kann. Da der Schallkopf auf diesem Wege nahe an das Zielorgan herangebracht werden kann, lassen sich Veränderungen in den Zielorganen sehr gut erkennen.
Neuerdings stehen auch Ultraschallminisonden zur Verfügung, die durch den Instrumentierkanal eines herkömmlichen Endoskops durch die vorgängig erweiterte Vater'sche Papille in die Gallengänge vorgeschoben werden können und die es erlauben, krankhafte Prozesse der Gallengänge zu charakterisieren. Die Endosonographie wird zur Diagnostik von Tumoren, deren Ausdehnung und Eindringtiefe, den Bezug zu Gefässen und Lymphknoten und anderen Erkrankungen der beiden Zielorgane eingesetzt.
Krankheiten der Gallenblase und der Gallenwege
Krankheiten der Gallenblase
1. Gallenblasensteine
2. Tumore der Gallenblase Krankheiten der Gallenwege
3. Gallengangsteine
4. Infektionen der Gallengänge
5. Primäre Sklerosierende Cholangitis
6. Tumore der Gallengänge
Krankheiten der Gallenblase
1. Gallenblasensteine
Was sind Gallenblasensteine?
Gallensteine bestehen hauptsächlich aus einer Kombination von Cholesterin und Gallensäure. Ihre Grösse variiert von wenigen Millimetern bis hin zu einigen Zentimetern. Sie entstehen vor allem in der Gallenblase. Vom Gallensteinleiden wird gesprochen, wenn Gallensteine in der Gallenblase (oder in den Gallenwegen) zu Beschwerden führen. Gallensteine finden sich bei 10 bis 15% der Bevölkerung. Die Häufigkeit von Gallensteinen nimmt mit dem Alter zu. Eine grosse Anzahl von Faktoren können die Entstehung von Gallensteinen begünstigen: Übergewicht, langes extremes Fasten, fettreiche Ernährung, ein hoher Cholesterinspiegel, die Blutzuckerkrankheit, Schwangerschaften, Infektionen der Gallenwege, gewisse Medikamente und genetische Faktoren.
Welche Symptome und Bescherden treten bei Gallenblasensteinen auf?
60 bis 80% der Gallensteinträger sind zeitlebens ohne Beschwerden! Die Gallenblasensteinerkrankung äussert sich in anfallartigen Dauerschmerzen, die rechts unterhalb des Rippenbogens zu spüren sind (Gallenkolik). Die Schmerzen können in die rechte Schulter ausstrahlen und Schweissausbrüche, Übelkeit oder sogar Erbrechen verursachen. Die Gallenkolik tritt charakteristischerweise nach einer üppigen, fettreichen Mahlzeit auf.
Welche Komplikationen und Gefahren gibt es dabei?
a) Gallenkolik
b) Gallenblasenentzündung
c) Gelbsucht (verursacht durch Obstruktion des Hauptgallengangs durch grosse Gallensteine im Ausführgang der Gallenblase).
Der Abgang von Gallenblasensteinen in den Hauptgallengang kann zu Gallenkoliken, Verschluss der abführenden Gallenwege mit Gelbsucht und bei Verschluss des Bauchspeicheldrüsengangs in der Nähe der Vater'schen Papille zur Bauchspeicheldrüsenentzündung führen.
Welche Abklärungen und Voruntersuchungen müssen bei Gallenblasensteinen gemacht werden?
Körperliche Untersuchung. Erhebung der Krankengeschichte (Befragen des Patienten) Blutentnahme (Entzündungswerte, Leberwerte, Gallenfarbstoffe). Konventionelle Röntgenuntersuchung und Ultraschall des Abdomens.
Therapie / Behandlungsmethoden
Die akute Gallenblasenkolik kann konservativ, d.h. ohne unmittelbare Operation behandelt werden. Nach Abklingen der Beschwerden sollte jedoch möglichst umgehend die Gallenblase operativ entfernt werden, um die noch vorhandenen Gallenblasensteine zu entfernen, einen Abgang dieser Steine in den Hauptgallengang bzw. die erneute Bildung von Gallenblasensteinen zu verhindern. Befriedigende alternative Methoden zur Chirurgie stehen nicht zur Verfügung. Es ist zwar möglich, gewisse Gallenblasensteine mit Stosswellen zu zertrümmern oder sie mit chemischen Substanzen aufzulösen. Mit diesen Methoden gelingt es jedoch nicht, die Neubildung von Gallenblasensteinen zu verhindern. Ohne Entfernung der Gallenblase ist das Gallensteinleiden in der Regel nicht geheilt.
Operative Gallenblasenentfernung / Cholezystektomie
Die operative Gallenblasenentfernung kann heute in der Regel laparoskopisch (d.h. mittels Bauchspiegelung) durchgeführt werden. Die Operation erfolgt in Vollnarkose. Über 4 kleine Hautschnitte (1 bis 2 cm) werden die Videokamera und die chirurgischen Instrumente in den Bauchraum eingebracht. Der Bauchraum wird mit einem ungefährlichen Gas (Kohlendioxyd) aufgeblasen. Der Operateur verfolgt seine operativen Schritte am Fernsehmonitor. In etwa 90% der Fälle kann die Gallenblase auf diese schonende Weise entfernt werden. Selten jedoch muss auf die konventionelle offene Technik zurückgegriffen werden. Dies kann in folgenden Situationen der Fall sein: technische Probleme, ungenügende Einsicht ins Operationsgebiet (z.B. bei einer grossen Leber), Blutung, anatomische Anomalien, starke Entzündung der Gallenblase. Bei der offenen Entfernung der Gallenblase wird ein etwa 12 cm langer Schnitt entlang des rechten Rippenbogenrandes durchgeführt. Die Gallenblasenentfernung ist eine sichere Operation mit einer sehr niedrigen Komplikationsrate. Selten kommt es zu Wundheilungsstörungen. Ebenfalls selten kann es postoperativ zu einer Nachblutung oder zu einem Galleleck aus dem Operationsgebiet (Gallenblasenbett) kommen. Eine ernste, jedoch glücklicherweise seltene Komplikation, stellt die Verletzung der Hauptgallenwege dar. Eine solche Verletzung kann entweder zu einem Galleleck oder zur Ausbildung eines Engnisses (Stenose) im Bereich der Gallenwege führen. Letztgenannte Komplikationen müssen in der Regel chirurgisch korrigiert werden. Die Hospitalisationsdauer beträgt bei der laparoskopischen Cholezystektomie zirka 3 Tage, bei der offenen Cholezystektomie zirka 7 Tage.
Nachsorge
Eine Nachsorge ist nur bei Auftreten von erneuten Beschwerden notwendig
2. Tumoren der Gallenblase
Was versteht man unter Tumoren der Gallenblase?
Gutartige Tumoren der Gallenblase sind selten. Es kann sich dabei um Polypen, Adenome, Papillome , Fibrome oder Leiomyome handeln. Die bösartige Gallenblasentumore (Gallenblasenkarzinom) stehen an der 5. Stelle in der Häufigkeit der Tumoren im Magendarmtrakt und machen 3% aller bösartigen Geschwülste aus. Frauen sind häufiger betroffen.
Welche Symptome und Beschwerden treten bei Tumoren der Gallenblase auf?
Gallenblasentumore verursachen im Frühstadium selten Beschwerden. Häufig wird die Diagnose zufällig gestellt, z.B. Ultraschalluntersuchung aus anderem Grunde oder nach einer operativen Gallenblasenentfernung bei beschwerdeverursachendem Gallensteinleiden. Gallenblasentumore, welche Beschwerden verursachen (Oberbauchschmerzen, Gewichtsabnahme, Gelbsucht, Durchfall) sind leider häufig bereits in einem fortgeschrittenen Stadium.
Welche Komplikationen und Gefahren gibt es dabei?
Gutartige Tumore (Polypen) können mit den Jahren entarten und sich in bösartige Tumore umwandeln. Bösartige Tumore können Tochtergeschwülste (Metastasen ) bilden. Gallenblasentumore können zu einer Verlegung der Gallenwege und zur Ausbildung einer Gelbsucht führen.
Welche Abklärungen und Voruntersuchungen müssen bei Tumoren der Gallenblase gemacht werden?
Körperliche Untersuchung Erhebung der Krankengeschichte (Befragen des Patienten) Blutentnahme (Entzündungswerte, Leberwerte, Gallenfarbstoffe) Ultraschall (Sonographie) Computertomographie (CT) Beurteilung der Tumorausdehnung und Ausschluss von Metastasen.
Therapie / Behandlungsmethoden
Gutartige Gallenblasentumore mit einem Durchmesser von weniger als 1 cm werden nicht chirurgisch behandelt. Es ist jedoch eine regelmässige (z.B. alle 6 Monate) stattfindende Ultraschalluntersuchung durchzuführen Jeder Gallenblasentumor grösser als 1 cm oder mit deutlichem Grössenwachstum muss operativ angegangen werden. Die Chirurgie stellt die einzige Hoffnung auf Heilung dieser sehr aggressiven Tumorart dar. Die operative Therapie besteht in der Entfernung der Gallenblase, des Gallenblasenbettes (Leberresektion) und des Lymphgewebes. Bei fortgeschrittenen Tumoren ist häufig eine vollständige chirurgische Entfernung des Tumors nicht mehr möglich. In diesen Fällen kann eine Teilresektion des Tumors durchgeführt werden. Insbesondere ist es möglich eine chirurgische Behandlung der Gelbsucht durchzuführen bzw. dem Entstehen einer Gelbsucht mittels einer Operation vorzubeugen. Dabei wird eine Verbindung zwischen einem Hauptgallengang und einer Dünndarmschlinge hergestellt und damit der ungehinderte Abfluss der Gallenfüssigkeit sichergestellt. Patienten mit einem fortgeschrittenen Gallenblasentumor, die aufgrund des schlechten Allgemeinzustandes (hohes Alter, schwere Herz- oder Lungenerkrankungen) nicht operiert werden können, können alternativ beim Auftreten einer Gelbsucht endoskopisch behandelt werden. Dabei wird endoskopisch (ERCP) ein kleines Röhrchen (Endoprothese, Stent) in den verschlossenen Hauptgallengang eingeführt. Der Abfluss der Gallenflüssigkeit kann auf diese Weise für einen längeren Zeitraum gesichert werden.
Nachsorge und Prognose
Das Gallenblasenkarzinom kann nur im Frühstadium geheilt werden (Chirurgie). Bei fortgeschrittenen Gallenblasenkarzinomen ist die Lebenserwartung gering.
Krankheiten der Gallenwege / Gallengänge
3. Gallengangsteine
Was sind Gallengangsteine?
Gallengangsteine werden fast ausschliesslich in der Gallenblase gebildet. Eine Gallensteinbildung in den Gallenwegen ist selten. Sie tritt insbesondere bei Abflussstörungen der Galle, bei Infektionen der Gallenwege oder beim Vorhandensein von fremdkörperreichen Gallenwegen auf.
Welche Symptome und Beschwerden treten bei Gallengangsteinen auf?
Kolikartige rechtsseitige Oberbauchschmerzen Gelbsucht, helle Stühle, Dunkelfärbung des Urins.
Welche Komplikationen und Gefahren gibt es dabei?
Die Gallensteine können einen vollständigen Verschluss der Gallenwege verursachen. Dies führt zu Gallekoliken, zu Gelbsucht und kann zu Entzündungen der Gallenwege (Cholangitis : Fieber, Schüttelfrost) führen. Der Hauptgallengang und der Bauchspeicheldrüsengang vereinigen sich zu einem gemeinsamen kurzen Gang, welcher bei der Papilla vateri in den Zwölffingerdarm mündet. Gallensteine, welche im Bereich der Papilla vateri steckenbleiben, blockieren nicht nur den Abfluss der Gallenflüssigkeit (Ikterus), sondern auch den Abfluss der Bauchspeicheldrüsenflüssigkeit. Dies kann zu einer Bauchspeicheldrüsenentzündung führen (Pankreatitis). Eine Pankreatitis stellt eine schwere, in manchen Fällen sogar lebensbedrohnliche, Erkrankung dar. Eine chronische (d.h. über Jahre andauernde) Stauung und/oder Entzündung der kleinen Gallengänge innerhalb der Leber kann zu einer Schädigung der Leberzellen führen. Das normale Lebergewebe geht zugrunde und wird durch narbiges Bindegewebe ersetzt (biliäre Zirrhose). Weitere mögliche Komplikationen: Durchbruch der Gallengangswand (Perforation), Eiteransammlung im Lebergewebe (Leberabszess).
Welche Abklärungen und Voruntersuchungen müssen bei Gallengangsteinen gemacht werden?
Körperliche Untersuchung:
- Erhebung der Krankengeschichte (Befragen des Patienten)
- Blutentnahme (Entzündungswerte, Leberwerte, Gallenfarbstoffe)
- Ultraschall (nur etwa die Hälfte aller Gallensteine sind im Ultraschall nachweisbar)
- ERCP: Die ERCP ist die wichtigste Methode zur Diagnosestellung und zur gleichzeitigen Therapie.
- MRCP: Gallengangsteine können in fast 100% und Gallengangsverengungen in 90% der Fälle diagnostiziert werden. Eine direkte Therapiemöglichkeit besteht jedoch nicht.
- PTC: alternative Methode wenn die ERCP nicht möglich ist.
- Computertomographie (CT): Die CT Untersuchung ist wichtig zum Ausschluss eines Tumorleidens und zur Beurteilung einer allfälligen durch Gallensteine verursachten Bauchspeicheldrüsenentzündung.
Therapie / Behandlungsmethoden
ERCP: Die ERCP erlaubt nicht nur eine sichere Diagnosestellung sondern ermöglicht eine gleichzeitige Therapie, d.h. endoskopische Steinentfernung. Häufig muss die Mündungsstelle des Hauptgallengangs (Papilla vateri) in den Zwölffingerdarm instrumentell erweitert werden (Papillotomie). Grosse Gallengangsteine können zusätzlich mechanisch zertrümmert werden. In Fällen, bei denen dies technisch nicht möglich ist, kann eine Steinzertrümmerung mit Hilfe eines Lasers erreicht werden, mit Antibiotika und Gallenwegentlastung durch Drainage (Ablaufkatheter) bei Entzündungen (Cholangitis).
Rolle der Chirurgie: Ein Patient mit Gallengangssteinen wird zuerst endoskopisch mittels ERCP (Papillotomie, Steinentfernung) durch die Gastroenterologen behandelt. Nur in sehr seltenen Fällen müssen Gallengangssteine durch den Chirurgen entfernt werden. Nach Abklingen der akuten Erkrankung sollte jedoch in allen Fällen eine operative Entfernung der Gallenblase erfolgen. Die Gallenblase, als Ort der Gallensteinbildung, muss entfernt werden. Das kann schonend unter Anwendung der laparoskopischen Operationstechnik (Bauchspiegelung) erfolgen.
4. Infektionen der Gallengänge
Was versteht man unter "Infektionen der Gallengänge"?
Schwere Infektionen der Gallengänge können lebensbedrohlich sein. Die meisten Entzündungen der Gallenwege werden durch Gallengangssteine (60 bis 70%) oder durch Engnisse in den Gallengängen verursacht oder treten als Folge von endoskopischen Eingriffen (ERCP) auf. Selten sind das Caroli Syndrom (vererbte Erkrankung, Erweiterung der Gallenwege in der Leber), Gallengangstumore, Parasiten und Infektionen der Bauchspeicheldrüse. Voraussetzung für die Entstehung der Infektion ist eine Abflussbehinderung der Galle mit Erhöhung des Druckes im Gallengangsystem und eine Keimbesiedelung.
Welche Symptome und Beschwerden treten bei Infektionen der Gallengänge auf?
Schmerzen, Fieber, Schüttelfrost, Gelbsucht (Ikterus)
Welche Komplikationen und Gefahren gibt es dabei?
Blutvergiftung (Sepsis)
Welche Abklärungen und Voruntersuchungen müssen bei Infektionen der Gallengänge gemacht werden?
Körperliche Untersuchung:
- Erhebung der Krankengeschichte (Befragen des Patienten)
- Blutentnahme (Entzündungswerte, Leberwerte, Gallenfarbstoffe)
- Ultraschall (Sonographie)
- eventuell Computertomogramm (CT)
- ERCP
Therapie / Behandlungsmethoden
Bettruhe, Antibiotika, Schmerzmittel, ERCP: endoskopisch Gallengangsentlastung und Massnahmen zur Steinentfernung.
Prognose
Unbehandelte Cholangitis hat eine hohe Sterblichkeit.
5. Primäre sklerosierende Cholangitis
Was ist primäre sklerosierende Cholangitis?
Es handelt sich um eine chronische Entzündung der Gallenwege innerhalb und ausserhalb der Leber. Mehrere umschriebene Gangverengungen und Gangerweiterung kommen im Wechsel vor. Ursache: unbekannt. Vor allem Männer im mittleren Alter sind betroffen. Gehäufte Vergesellschaftung mit chronischen entzündlichen Darmerkrankungen (v.a. Colitis ulcerosa) Endstadium: vollständiger Leberumbau , -vernarbung (Leberzirrhose)
Welche Symptome und Beschwerden treten bei primärer sklerosierender Cholangitis auf?
Müdigkeit, Gelbsucht, Juckreiz, Fieber
Welche Komplikationen und Gefahren gibt es dabei?
Eine der Hauptkomplikationen stellen Entzündungen der Gallenwege (Cholangitis) dar. Bei langjährigem Krankheitsverlauf besteht die Gefahr der Lebervernarbung (Leberzirrhose). Gefahr der Entartung (Ausbildung eines bösartigen Tumors der Gallenwege (Cholangiokarzinom). Gefahr der Entstehung von bösartigen Darmtumoren im Rahmen der chronischen entzündlichen Darmerkrankungen.
Welche Abklärungen und Voruntersuchungen müssen bei primärer sklerosierender Cholangitis gemacht werden?
Körperliche Untersuchung:
- Erhebung der Krankengeschichte (Befragen des Patienten)
- Blutuntersuchungen: Leberwerte, typische Antikörper, Bilirubin, Entzündungswerte.
- Diagnostisch entscheidend ist die ERCP (Darstellung der Gallenwege)
- Gewebeentnahme der Leber (Leberbiopsie)
- eventuell MRCP
Therapie / Behandlungsmethoden
Die Grundkrankheit und die Komplikationen werden behandelt. Es handelt sich um eine chronische Krankheit, eine Heilung ist nicht möglich. Eine medikamentöse Behandlung kann mit Ursodeoxycholsäure durchgeführt werden. Mittels ERCP können schwere Gallenwegsverengungen behandelt werden. Patienten mit einer langjährigen PSC entwickeln eine Leberzirrhose mit den entsprechenden Komplikationen. Zudem besteht die Gefahr der Entartung (Entwicklung eines bösartigen Tumors). Patienten mit einer PSC müssen sich regelmässigen Kontrollen unterziehen. Aufgrund der Leberzirrhose und des Entartungsrisikos muss häufig die Indikation zur Lebertransplantation gestellt werden.
Nachsorge
Regelmässige Kontrollen und Blutuntersuchungen (beim Hausarzt und in einem universitären Zentrum mit Leberspezialisten)
6. Tumoren der Gallenwege
Was sind Tumoren der Gallenwege?
Bösartige Tumoren der Gallenwege (Cholangiokarzinom) sind selten. Sowohl die Hauptgallengänge als auch die kleineren Gallengänge innerhalb der Leber können betroffen sein. Die Erkrankung tritt gehäuft bei Männern (6. und 7. Lebensdekade) auf. Es findet sich ein gehäuftes Vorkommen bei Patienten mit einer primären sklerosierenden Cholangitis
Welche Symptome und Beschwerden treten bei Tumoren der Gallenwege auf?
Gelbsucht, Appetitlosigkeit, Oberbauchschmerzen, Körpergewichtsverlust.
Welche Komplikationen und Gefahren gibt es dabei?
Streuung und Bildung von Tochterzellen (Metastasen). Entlang der Gallenwege, das Lebergewebe infiltrierend.
Welche Abklärungen und Voruntersuchungen müssen bei Tumoren der Gallenwege gemacht werden?
Die Methoden der Wahl sind die ERCP und Magnetresonanztomographie (MRCP). Die ERCP erlaubt eine präzise Bestimmung der Tumorlokalisation und bietet die Möglichkeit der Gewebsprobeentnahme, welche die Diagnose in der Regel bestätigt. Die Endosonographie, und die Computertomographie CT stellen weitere sinnvolle Untersuchungsmethoden dar.
Therapie / Behandlungsmethoden
Die Chirurgie stellt die einzige Möglichkeit zur Heilung dieser aggressiven Tumorart dar. Die Operationstechnik ist abhängig von der Lokalisation des Tumors. Neben der Resektion der Gallenwege selbst ist häufig auch eine grössere Leberresektion bzw. Resektion der Bauchspeicheldrüse und des Zwölffingerdarms durchzuführen. Häufig ist eine kurative Resektion (d.h. vollständige Entfernung) des Tumors nicht möglich. In diesen Fällen wird versucht operativ einen gesicherten Abfluss der Gallenflüssigkeit zu erreichen. Dies ist notwendig um die Gelbsucht zu behandeln, bzw. um eine drohende Gelbsucht abzuwenden. Alternativ kann bei nicht operabeln Patienten (hohes Alter, schwere Herz- oder Lungenerkrankungen) eine endoskopische Entlastung der Gallenwege (ERCP) erreicht werde.
Nachsorge und Prognose
Bei fortgeschrittenen Gallenwegstumoren ist die Prognose sehr ungünstig. Regelmässige Nachkontrollen.
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